Die Tiroler Landesregierung unterstützt mit 100.000 EUR die Erstellung einer Studie mit der Leitthese "„Die ökonomisch motivierte Selbstfolklorisierung ist längst zum Synonym für sämtliche Fehlentwicklungen im Tiroler Tourismus geworden“ - lesen Sie die Berichterstattung in der TT inklusive unseren Kommentaren.
19.11.2019
Nachdem die Landesregierung (LR Beate Palfrader) beabsichtigt 100.000 EUR an Steuergeldern für eine von der Universität Innsbruck durchgeführte Studie zum Thema „Tiroler Abende“ bereit zu stellen, darf ich als Vertreter der Familie Gundolf einige Gedanken zu diesem Thema übermitteln.
Die Familie Gundolf ist d e r Veranstalter von Tiroler Abenden im gesamten Bundesland schlechthin, sowohl bzgl. der Bekanntheit als auch bzgl. der Anzahl von Auftritten und Besuchern pro Jahr, und dies seit über 50 Jahren. Somit dürfen wir uns bei der aufgestellten These - „Die ökonomisch motivierte Selbstfolklorisierung ist längst zum Synonym für sämtliche Fehlentwicklungen im Tiroler Tourismus geworden“ - direkt angesprochen fühlen und würden vor Beginn der Arbeiten ein paar Gedanken anbringen.
Ein kritisches Hinterfragen der Grenzen des Tourismus ist natürlich legitim. Ausverkauf und Anbiederung sind abzulehnen, das gilt denke ich für alle touristischen Tätigkeiten und Erscheinungsformen in gleichem Maße, nicht nur im Bereich Musik und Volkskultur sondern auch in Gastronomie, Hotellerie und bei der touristischen Erschließung unseres Naturraumes. Auf der anderen Seite ist die Bedeutung des Tourismus für den Wohlstand in Tirol hoffentlich unbestritten, wer dies nur im Ansatz anzweifelt ist eingeladen einen Ausflug in die entsiedelten Regionen der Süd- und Westalpen zu unternehmen die von der Geißel des Tourismus verschont geblieben sind.
Wer die Erstellung von ökonomisch motivierten, touristischen Angeboten kritisiert, stellt aber den Tourismus insgesamt in Frage. Hotels, Gastronomen, Bergbahnen, Ausflugsziele und auch wir als Veranstalter von Tiroler Abenden wollen und müssen mit unserer Tätigkeit Geld verdienen und kommen dabei ohne öffentliche Subventionen aus. Da tut man sich im steuerfinanzierten Elfenbeinturm sicherlich leicht mit Steinen zu werfen. Aber: Geld verdienen und Ausverkauf ist nicht das Gleiche. Man kann als Tourismustreibender mit Selbstbewußtsein und Würde auftreten und auch ohne Anbiederung ein guter Gastgeber sein. So halten es auch wir bei unserem Tiroler Abend Programm: ja, unsere Gäste kommen zu über 90% aus dem Ausland, aber wir bemühen uns (in der Sommersaison) täglich darum, ein authentisches musikalisches Programm mit Tänzen, Liedern und Musikstücken aus Tirol anzubieten (welches im Übrigen auch bei unseren einheimischen Gästen hervorragenden Anklang findet). Die angebotene Qualität und das ehrliche Bemühen sind letztlich entscheidend bei der Beurteilung, ob von einer Fehlentwicklung gesprochen werden kann oder nicht. Oder wird der engagierte Tiroler Wirt plötzlich zum fehlgeleiteten Ausverkäufer unseres gastronomischen Erbes wenn er sein gut gekochtes Tiroler Gröstl einem ausländischen Gast serviert?
Abgesehen davon, daß es bereits zahlreiche wissenschaftliche Werke zum Thema Tiroler Abende gibt (welche die Veranstaltung der Familie Gundolf mehrfach als „kulturell wertvoll“ beurteilt haben) darf ich die am Projekt beteiligten vor Beginn der Arbeiten zur Studie herzlich zu unserer Veranstaltung einladen um sich selbst ein Bild von d e m Tiroler Abend zu machen. Wir veranstalten ab April 2020 unsere Tiroler Abende täglich im Messesaal Innsbruck (vormals Kammerspiele).
Martin Gundolf (Geschäftsführer)TIROLER ABEND, FAMILIE GUNDOLF